Prix Goncourt
Jacques Chessex
Der Kinderfresser
Aus dem Französischen von Marcel Schwander
ISBN 978-3-85787-680-6
Seiten 248
Erschienen 13. Februar 2004
€ 14.00 / Fr. 17.50
»Den Vater vernichten. In ein Häufchen Asche am Grunde einer Urne auflösen. Wie Sand. Staub, namenlos und ohne Stimme.« Am Tag der Kremation seines Vaters durchströmt Jean Calmet, Lateinlehrer in Lausanne, ein Gefühl der Erleichterung, mehr noch: der Befreiung. Endlich ist der vor Leben strotzende Koloss, der seine Jugend zerstört hatte, gebannt. Einst hatte der Patriarch die ganze Familie beherrscht, seinen Sohn verhöhnt und gedemütigt, um die eigene Macht und Potenz zu demonstrieren. Ja, er war selbst nicht davor zurückgeschreckt, Jeans erste zarte Jugendliebe zu verführen. Doch das Gefühl ist trügerisch: Der Vater ist nicht tot. Das Bild seiner übermächtigen Gestalt verfolgt den Sohn unerbittlich überallhin, nimmt immer monströsere Züge an und raubt ihm schliesslich jede Lebenskraft.
Für sein sprachgewaltiges Werk Der Kinderfresser wurde Jacques Chessex 1973 als erster Nichtfranzose und bisher einziger Schweizer mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet.
Pressestimmen
Eines der bedeutendsten psychologischen Erzählwerke gegenwärtiger Sprachkunst.— Die Tat
Hier gelingen dem Autor Bilder von unvergesslicher Eindringlichkeit.— Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ein glänzend geschriebenes Buch von fast unerträglicher Spannung, die nicht aus äusseren Komponenten, sondern aus abgründigen Tiefen menschlicher Erfahrung erwächst.— Salzburger Nachrichten
»Der Kinderfresser« schildert expressiv den Kampf des Lehrers Jean Calmet gegen seinen Vater. Als er sich in der Liebe endlich befreien zu können meint, bleibt er vor dem »Kinderfresser« als kläglicher, impotenter Versager zurück.— St. Galler Tagblatt
In einer Sprache, die nüchterne Beschreibung und pathetische Emphase kontrastierend miteinander verbindet, in einer einfachen Fabel, die dennoch transparent ist und ohne Aufdringlichkeit psychologische und mythologische Aspekte erkennen lässt, erzählt Jacques Chessex noch einmal das, was vom Ödipus-Mythos bis zu Kafkas Brief an den Vater längst bekannt ist. Doch »Der Kinderfresser« hat nichts an sich von epigonaler Blässe. Die sprachliche Kraft dieses Buches legitimiert es als einen neuen Entwurf.— Radio Bremen
Chessex beschreibt nicht nur einen Vater-Sohn-Konflikt, die private Tragödie familiärer Unterdrückung, er erfasst die politische und historische Dimension des Kinderfressers, mag er sich als »Vater Staat«, als Erzieher, als allegorische Figur oder im Märchen breitmachen … Chessex erzählt spannend, integriert Träume und Assoziationen in die überraschende Fabel … er schuf ein Werk von internationalem Rang.— Hans-Peter Klausenitzer, Hessischer Rundfunk
Der Roman gehört zu jenen Büchern, die einen ihrer Aussagekraft wegen beunruhigen und nicht mehr loslassen.— Schweizer Feuilleton-Dienst