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Pflanzen manipulieren Hummeln – mit Nikotin im Nektar
Tabak- und manche Zitruspflanzen mischen ihrem Nektar etwas
Nikotin bei. Warum? Um das herauszufinden, benutzten David
Baracchi von der Universität Toulouse und sein Team im Labor
künstliche Blumen, deren Nektar etwas Nikotin, und solche,
deren Nektar kein Nikotin enthielt. Das Ergebnis war deutlich:
Die Hummeln bevorzugten die Blüten mit nikotinhaltigem Nektar,
auch wenn diese weniger von der süssen Verlockung enthielten.
Sie wurden abhängig, ja süchtig und blieben den Blüten treu –
ein grosser Vorteil für diese Pflanzen. Dank des Nikotins lernten
die Hummeln auch signifikant schneller, die nikotinhaltigen Blüten
an ihrer Farbe zu erkennen.
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Hummeln manipulieren Pflanzen – mit einem Trick
Wenn eine Hummelkönigin aus dem Winterschlaf kommt, braucht
sie Pollen und Nektar, um eine neue Kolonie zu gründen. Wacht
sie zu früh auf, könnte es nicht genügend blühende Blumen ge-
ben. Die Hummeln behelfen sich in dieser Situation mit einem
Trick. Ein Team um Consuelo De Moraes von der ETH Zürich
entdeckte mehr zufällig, dass Hummeln manchmal kleine Löcher
in Tomatenblätter knabbern, ohne diese zu essen. Doch der Ef-
fekt war verblüffend: Die angenagten Tomaten blühten einen Mo-
nat vor ihrem eigentlichen Termin. Schwarzen Senf konnten die
Hummeln zwei Wochen früher zum Blühen bringen, wenn sie
Löchlein in dessen Blätter bissen. Das Team wollte sichergehen,
dass es sich hier nicht um einen Zufall handelte, und verglich
hungrige mit wohlgenährten Hummeln: Die hungrigen Hummeln
bissen etwa viermal mehr Löcher in die Blätter als solche, die
satt waren. Warum und wie dieser Trick funktioniert, weiss man
noch nicht. Das Team schnitt selber ähnlich kleine Löcher in die
Blätter: Auch diese Pflanzen blühten früher, jedoch weniger früh,
als wenn Hummeln daran geknabbert hätten. Das lässt vermuten,
dass die Hummeln chemische Wirkstoffe aus ihrem Speichel in
die Blätter einspritzen, wenn sie sie anbeissen und die Pflanze
auf diese Weise dazu anregen, früher zu blühen.
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