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und Tücken, eiskalte Nächte und brennend heisse Tage,
die Stunden, wenn Schatten kostbar wurde, die windge-
formten Sandmeere, die Wanderdünen, in denen seine
Schritte einsanken, wenn die Strausse Reissaus nahmen,
die Gewitter, die manchmal tobten und einem bis unter
die Augenlider peitschten, die unendlich weiten Wege
zwischen mickrigen, salzhaltigen Oasen, wo die Beute
trank, die Steinwüsten mit ihrer hundertjährigen Flora,
die dort wurzelte, die krummen Stämme von Mopane
und Ebenholzgewächsen, die Felswände der ausgetrock-
neten Flussbetten, wie man sich dort bei der Jagd auf
Bergzebras in der Senkrechten bewegen musste, und
auch die Strände, der Ozean, der die Skelettküste ver-
schlang, unverhote Kadaver gestrandeter Wale und vor
Jahrzehnten zerschellter Menschenschie.
Von jeher war er der Jäger gewesen, seit seiner Kind-
heit im Flussbett des Agab, jener allzu fernen Zeit, als er
im Rudel jagte, mit seinen Brüdern und Schwestern, seit
jener ersten Giraenjagd, an die er sich stets erinnern
würde, als die Junglöwen die Riesin in einem Canyon in
die Enge getrieben hatten; jeder seine Seite, jeder seine
Aufgabe, den Blick auf die galoppierenden Hufe ge-
heftet, hetzten sie die Beute auf eine alte Löwin zu, die
weiter weg lauerte, voller Erfahrung, sprungbereit, so-
bald der Moment gekommen wäre, der entscheidende,
genau berechnete Augenblick, und mit einem ungeheu-
ren Satz warf sie sich auf die Girae, versenkte Kral-
len und Zähne in die Muskeln, die Jägerin klammerte
sich fest, Meter um Meter im rasenden Lauf, ignorierte
die Tritte, die sie abzuschütteln suchten, zerfetzte Haut