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Abu Kais rannte hinaus. Als er die Tür zugeschlagen
hatte, hörte er das Schreien des Neugeborenen. Er kehrte
um und legte sein Ohr an die Holztür …
Vom Schatt al-Arab her rauschte es. Die Matrosen
schrien laut. Der Himmel glühte. Der schwarze Vogel
zog noch immer seine Kreise.
Abu Kais stand auf, schüttelte den Staub ab und starrte
hinüber zum Strom. Stärker als je zuvor spürte er, wie
fremd und winzig er war. Er fuhr mit der Hand über die
Stoppeln am Kinn und vertrieb die Gedanken, die sich in
seinem Kopf drängten wie Ameisenheere.
Gerade jenseits des Stromes, gar nicht weit, gab es
alles, was er entbehren musste. Dort lag Kuwait. Dort
würde alles, was bisher nur ein Traum war, Wirklichkeit.
Ja, all das gab es dort, Häuser aus Stein, Erde, Wasser,
Himmel, nicht so, wie seine müde Phantasie es ihm vor-
gaukelte. Sicherlich gab es Gassen dort, Strassen, Män-
ner, Frauen, auch Kinder, die zwischen Bäumen umher-
sprangen … Nein, Bäume gibt es nicht in Kuwait! Sein
Freund Saad, der dort als Fahrer gearbeitet hatte – er war
mit Säcken voller Geld zurückgekommen –, hatte ihm
ja erzählt, dass es dort keinen einzigen Baum gebe. Al-
les nur Hirngespinste deines alten, müden Kopfes, Abu
Kais … Zehn knorrige Bäume hatten dort in Palästina je-
des Frühjahr ihren Olivensegen gespendet … In Kuwait
gibt es keine Bäume. Das jedenfalls hat Saad gesagt. Du
musst es ihm schon glauben, denn er weiss, obwohl er
jünger ist, mehr als du. Alle wissen mehr. Alle.
In den vergangenen zehn Jahren hast du nichts ande-
res getan als gewartet. Zehn lange Hungerjahre hast du