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Wir nannten die Futterküche auch den Küchen-
schlauch. Das zweistöckige Haupthaus hatte die Form
eines Kreuzes – ein Tempel, um den sich ein gutes
Dutzend Hütten kreisförmig anordneten. Der Küchen-
schlauch bestand aus einem schmalen Gang, der in ei-
nen Quergang mündete, an dessen Ende es eine Futter-
kammer und einen Materialraum gab. Dem Quergang
entlang reihten sich Türen aus Sperrholz, die mit Dreh-
knäufen und Eisenketten verschlossen waren. Dahinter
öneten sich Buchten, in denen die Insassen das Leben
ausschieden. Geburtsnischen und Sterbekammern.
Ich kippte das Putzwasser in den Ausguss, wusch den
Kessel und holte die Wäsche aus der Waschmaschine,
die Sebrov neben die Spüle gestellt hatte. Auf den Wä-
scheleinen, an der Decke des Küchenschlauchs, hingen
Mirkos Laken. Ich nahm sie herunter und schmiss sie
auf die hölzerne Treppe, die hoch in Sebrovs Wohnung
führte. Dann betrat ich mit dem vollen Wäschekorb das
Chez Eme – eine Bucht für die Sterbenden. Die Katzen,
die dort ihren Lebensabend verbrachten, würden kein
Zuhause mehr nden. Sie verschliefen vier Fünftel des
Tages. Ich stupste sie an, um zu sehen, ob sie noch leb-
ten. Mo, der auf seinem Katzenbaum sass, schlug mit
dem Schwanz. Als er mich sah, balancierte er kopfvoran
auf den nächstunteren Teller und schmiegte sich an
mich; ein Akt der Liebe und gleichzeitig eine Drohung.
Keiner ausser mir konnte ihn anfassen. Ich hatte ihn vor