LENOS
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Cave 72, eine kleine Bar in Brazzaville, ist ein beliebter Trepunkt.
Sie gehört Vouala, von allen Maman Nationale genannt. Ihre
Bar ist im Lauf der Zeit zu einem Zuuchtsort für alle geworden,
die gern bei einem Bier über Gott und die Welt, die Liebe und den
alltäglichen Wahnsinn diskutieren. Auch Verdass, Ferdinand, Didi
und Stephan, verschworene Freunde, treen sich jeden Abend in der
Cave.
Eines Tages wird ein nsteres Komplott geschmiedet. Mit einem
perden Plan gelingt es dem Regime, die nichtsahnenden jungen
Männer und Maman Nationale terroristischer Umsturzpläne zu
beschuldigen und zu verhaften. Doch es regt sich Widerstand, das
Land gerät in Aufruhr.
Bildreich, wortgewandt, ironisch gelingt Fann Attiki ein bitterböses
Porträt eines korrupten, patriarchalischen Machtapparats, der für
die gutausgebildete junge Generation keine Zukunftsmöglichkeiten
oenhält.
Fann Attiki, geboren 1992 in Pointe-Noire, Kongo-Brazzaville. 2011
verliebte er sich in die Poesie, als er an einem Slam-Workshop teil-
nahm. 2016 zog er nach Brazzaville und widmete sich dem Schrei-
ben und dem eater. Cave 72, sein erster Roman, wurde 2021 mit
dem Prix Voix d’Afriques ausgezeichnet.
Lenos Verlag
Fann Attiki
Cave 72
Roman
Aus dem Französischen
von Christiane Kayser
Die Übersetzerin
Christiane Kayser, geboren 1954 in Esch-sur-Alzette, Luxemburg,
übersetzte u. a. Tahar Ben Jelloun, Jean Vautrin, Omar Youssef
Souleimane und Mahi Binebine. Ausserdem engagiert sie sich seit
vielen Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit in verschiede-
nen Ländern Afrikas. Mitgründung des Pole Institute in Goma,
Koordination der Afrikaarbeit des Zivilen Friedensdienstes beim
Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), später Brot für die Welt.
Sie lebt in Berlin und südlich von Toulouse.
Dieses Buch erscheint im Rahmen des Förderprogramms des
Institut français.
Titel der französischen Originalausgabe:
Cave 72
Copyright © 2021 by Editions Jean-Claude Lattès
Erste Auflage 2025
Copyright © der deutschen Übersetzung
2025 by Lenos Verlag, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Satz und Gestaltung: Lenos Verlag, Basel
Umschlagbild: MagstonSoulArt/Shutterstock
Printed in Germany
ISBN 978 3 03925 043 1
www.lenos.ch
»Heimat ist der Beginn der Fiktion.
Umgekehrt ist es nur eine Farce.«
Sinzo Aanza, Que ta volonté soit Kin
»Im Scherz darf man bekanntlich
sogar die Wahrheit sagen.«
Sigmund Freud
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Zu Beginn …
22 Uhr, Poto-Poto, Brazzaville.
Flackernde Neonlichter. Diskrete Beleuchtung. Kaum
gezähmte Dunkelheit.
Gespannte Stille füllte das Wohnzimmer des Sekre-
tärs des Nationalen Sicherheitsrates. Dort wartete mit
übergeschlagenen Beinen, den Hintern auf einem Le-
dersofa weich gebettet, ein grosser, dicklicher Mann.
Dem Aussehen nach befand er sich auf halber Strecke
zwischen Jugend und Senilität. Sein Hemdkragen war
voll von triefendem Nackenschweiss.
Die Klinke knarrte. Lautes Türquietschen.
Der Mann schreckte aus seinen Tagträumen auf, die
Angst sass ihm immer noch in den Knochen. Er hob
den Blick und xierte die Türschwelle. Dort stand ein
unbeweglicher Schatten. Eine halbe Minute verging,
bis er sich langsam vorwärtsbequemte, in eine Ecke des
Raums, wo eine Auswahl alkoholischer Getränke ausge-
stellt war. Unter einem Schauer aus Neonlicht, der sich
auf seinem Schädel spiegelte, wurde jeder seiner Schritte
erhellt, auch sein kleiner, dicklicher Körper im hundert-
prozentigen Baumwoll-T-Shirt mit dem Konterfei des
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Allgegenwärtigen Führers und in der von Parteiemble-
men übersäten Impréco*-Hose.
Unversehens schwang der Mann seinen Hintern vom
Sofa und stellte sich kerzengerade hin: Respekt vor der
Hierarchie war ihm seit der Militärakademie als absolu-
tes Prinzip bis in sein tiefstes Inneres eingebläut worden.
»Guten Tag, Monsieur le Conseiller!«, sagte er.
Seine Höflichkeit wurde nicht erwidert. Wie Schei-
benwischer im Nieselregen strich sein Hemdärmel über
seine Stirn.
Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates nahm
hinter der Bar Platz. Er suchte den Schalter, drehte
ihn im Uhrzeigersinn und intensivierte den Photonen-
schauer: ein Sieg über die Finsternis. Mit einer äusserst
lässigen Geste nahm er zwei Bambusbecher aus einem
Regal in Kopfhöhe. Aus einem anderen Schrank kam
eine Glasasche mit einer Flüssigkeit dazu, beinahe so
kristallklar wie Mineralwasser.
»Auf dieser Seite des Raums sind viele wunderbare
Dinge verborgen, die du unbedingt probieren musst.«
Er önete den Aluminiumschraubverschluss der Fla-
sche. Ein herber Duft vermischte sich mit der kühlen
Luft aus der Klimaanlage. Er füllte die beiden Becher.
»Das riecht nach langer Fermentierung«, kommen-
tierte der Mann und kam zur Bar.
Der Sekretär reichte ihm einen Becher, den er zöger-
lich begutachtete.
* In der Republik Kongo produzierter Baumwollsto von schlech-
ter Qualität. (alle Anmerkungen vom Autor, wenn nicht anders ver-
merkt)
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Er roch daran und verzog das Gesicht. »Ich vertrage
keinen Alkohol, Monsieur le Conseiller, ich glaube nicht,
dass ich das hier trinken sollte.«
»Da hast du Glück: Das hier trinkt man nicht, das
geniesst man! Ausser du bist ein Säufer. Säufst du?«
Der heitere Ton des Sekretärs wirkte wie eine
schmerzlindernde Salbe auf die Ängste des Mannes.
Ein Lächeln spiegelte sich in seinen Augen und warf
Lachfalten. Beim Schlucken des namenlosen Gebräus
verspürte der Mann eine Selbstsicherheit, als wäre ein
Komet vorbeigerauscht: intensiv und kurz.
»Schalt deine Telefone aus, und entferne die Batte-
rien«, befahl der Sekretär.
Kaum hat man die Angst verscheucht, kommt sie
nach so einem Befehl im Galopp zurück.
Nachdem der Mann den Anweisungen gefolgt war,
verlor der Sekretär kein Quäntchen Zeit. Er begann
ein Gespräch, das genauso ernsthaft war wie seine nun-
mehr starre Miene. »Was ich dir zu sagen habe, darf auf
keinen Fall publik werden«, sagte er. »Du weisst, der
Mächtige kontrolliert alles. Die Ahnen, die Götter
Sie verstehen es, zu schweigen und zu beobachten. Du
weisst, ich bin dein älterer Bruder, ich muss dich daran
erinnern, dass es seit dem Tod des ewig glorreichen Ge-
nossen Marien Ngouabi* keine Ehrlichkeit mehr auf
dieser Welt gibt und dass der letzte glaubhaft heilige
Mensch sich Mahatma Gandhi nannte. Doch lassen
wir diese grossen, guten Männer, diese Symbole der
Freiheit, in Frieden ruhen. Was ich dir sagen will, klei-
* 1968–1977 Präsident des Kongo. (Anm. d. Übers.)
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ner Bruder, schau Du steckst in der Scheisse! Deine
nächsten Berichte sollten kreativ ausgeschmückt daher-
kommen. Streu alarmierende Worte ein. Du musst ver-
stehen, der Allgegenwärtige Führer seine Herrschaft
währe ewig! – weiss, dass sein Volk ihn nicht im Herzen
trägt. Ich meine das echte Volk, nicht unfähige Staats-
beamte, die dank des langen Arms eines Korrupten, der
die Rädchen des Systems kennt, dort gelandet sind. Das
Umfeld des Führers ist ebenfalls nicht das loyalste. Er
weiss, dass wir ihm aus der Hand fressen, nur weil es
da Reis gibt. Daraus folgert er, dass es im Land nicht
so ruhig sein kann. Du bist bekanntlich der General-
direktor der Territorialen Sicherheit. Unter anderem ist
es deine Aufgabe, den Allgegenwärtigen Führer auf dro-
hende Gefahren hinzuweisen. Wenn es also keine Ge-
fahren gibt, bist du nicht nützlicher als der kleinste Zeh.
Deine Berichte sollten zumindest eine Bedrohung sei-
nes Regimes anführen, so winzig und lächerlich sie auch
sein möge. Das ist nur ein einfacher Rat von deinem
grossen Bruder. Du könntest zum Beispiel das Abhal-
ten illegaler Seminare zu Demokratie und Meinungs-
freiheit erwähnen, ein geheimes Treen der Opposition,
einen friedlichen Marsch für einen Machtwechsel, eine
Demonstration von Rentnern vor der
CNSS*, oder? Es
können auch Beleidigungen des Führers auf den so-
zialen Netzwerken sein, was weiss ich. Ah ja, und die
Jugendbewegungen wie Ras-le-bol**, die sich förmlich
* Caisse Nationale de Sécurité Sociale, Nationale Sozialversiche-
rungsanstalt.
** Genug ist genug. (Anm. d. Übers.)
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danach drängen, in deinen Berichten erwähnt zu wer-
den. Diese kleinen Kläer, die der Partei beibringen
wollen, wie man ein Land zu führen hat. Sie vergessen,
dass die Partei diese Nation seit 1968 führt. Da saugten
einige ihrer Eltern noch an der Mutterbrust.«
Der Mann reagierte nicht. Er üchtete sich in die
Demut eines Verurteilten, der um Gnade bettelt, wäh-
rend sein Gewissen die Warnung des Sekretärs abwog.
»Du bist Parteikader. Mit sauberen Händen wird man
kein Parteikader. Schau, der Allgegenwärtige Führer
empndet deine Ehrlichkeit als Unfähigkeit. Das macht
ihn misstrauisch. Er argwöhnt bei dir böse Absichten,
genauer gesagt Verrat. Kleiner Bruder, das Wohl deiner
Kinder steht auf dem Spiel. Gott allein weiss, wie nah
du schon am Rausschmiss bist. Wenn du deinen Posten
behalten willst oder vielleicht sogar eine Beförderung
anstrebst, gibt es nur eine Lösung: ein Komplott, einen
Sündenbock, aufmüpge Jugendliche.«
Er zog einen
USB-Stick aus der Hosentasche und
legte ihn auf die Bar.
»Auf diesem Stick ndest du deinen Sündenbock und
was es braucht, ihn zu beschuldigen. Ich lege besonde-
ren Wert auf aufmüpge Jugendliche: Ohne die Jugend
kannst du diesen Coup nicht landen. Ich meine nicht
die, die uns für eine Flasche Bier und ein T-Shirt ihre
Stimmen verkaufen. Nein! Ich denke an die erstklassige
Jugend, an junge Menschen, die sich auf BrazzaNews
zu Wort melden. Du musst verstehen, heutzutage kann
man nicht von einem Staatsstreich sprechen, wenn die
Unruhen nicht mit einer wütenden Jugend in Verbin-
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dung gebracht werden, die Brot, Bildung, Wohnraum
für alle und Rechenschaft über die Einnahmen aus dem
Holzexport fordern. Nun geh trinken, rauchen, und
schlaf mit deiner Frau. Das wirst du alles wirklich brau-
chen, um kreativ zu werden.«
I
»Ich komm’ aus den Ecken, wo
Die Engel unter
Leichentüchern verschwinden.«
Lino
»Im Schweisse unsres Angesichts
Soll’n unsren Wein wir trinken!«
Nietzsche,
Die fröhliche Wissenschaft
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Es wurde Abend und dann Morgen:
Der erste Tag brach an.
17 Uhr,
PK, Brazzaville.
Das Bier im Tiefkühler war fast noch warm. Weit weg
von seiner perfekten Trinktemperatur. Drei Stammkun-
den verlangten ihre Bestellung. Mâ Vouala, die alle Ma-
man Nationale nannten, machte sie auf das unselige De-
tail des ermometers über null aufmerksam, unter dem
ihr Alkoholvorrat litt. Das war ihnen schnurzegal. Also
gab sie nach. Mit einem Lächeln stellte sie drei Flaschen
Bier auf ihren Tisch und nahm dann ihre unterbrochene
Tätigkeit wieder auf. Mit ihren mehr als dreissig Jahren
Erfahrung wusste sie, dass Grossherzigkeit, Leutseligkeit
und Höflichkeit die beste Marketingstrategie sind.
Maman Nationale pries jeden Tag, den Gott ihr
schenkte, die Treue dieser drei Kunden. Sie sei gemein,
üsterte man. Durchtrieben nannte man sie hinter ih-
rem Rücken auch. Wenn diese jungen Leute norma-
lerweise waren es vier mit ihren Bieraschen dreimal
anstiessen, bevor sie mit tiefen, schaumigen Schlucken
ihre Kehlen benetzten, hielt sie mit ihrer Bewunderung
nicht zurück: »Das sind Männer, die das Leben ehren!«,
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sagte sie. Aus diesen Momenten zog sie schöne Lehren
über die Schlichtheit der Existenz. Die Fröhlichkeit, die
diese jungen Männer ausstrahlten, ihre Freude am Zu-
sammensein und ihre ungetrübte Sorglosigkeit erweck-
ten in ihr den Wunsch, sie in den Arm zu nehmen. Dass
sie zudem der Versuchung widerstanden, bei der Kon-
kurrenz ein richtig kaltes Bier zu geniessen, steigerte
ihre Zuneigung noch.
Der Laden von Maman Nationale boomte im Viertel
PK, auf der Avenue d’Asia, die trügerischerweise auf der
Seite geteert war, wo sich eine lange Reihe von Kneipen
befand. Pandoras Ufer wurde sie genannt. Jede Bar hatte
ein Schild, das von Zahlensymbolik inspiriert zu sein
schien: Bar 99, Bar 1001, Bar Q7, Bar 1e+1 = 2100,
Bar Esel 4, Bar Auf dieser Avenue schrieben sie im
wahrsten Sinn des Wortes schwarze Zahlen. Die Cave*
von Maman Nationale hatte ein prächtiges Aushänge-
schild: Cave 72 chez Maman Nationale stand da ge-
schrieben. Wenn ein Kunde sie auf die schillernde 72
auf dem Schild ansprach, räusperte sie sich zuerst und
antwortete dann: »weil ich von weit her komme«. So
begann sie mit ihrer Geschichte, die alle Stammkunden
auswendig hersagen konnten. Sie wussten, dass der Ver-
kauf von Beignets der Beginn ihres Aufstiegs gewesen
war. Jungen Studenten Kredit einzuräumen gehörte
zum Erfolg dazu. Als sie eine siebenstellige Summe an-
gespart hatte, beschloss sie, sich dem Verkauf von Al-
kohol zuzuwenden. Sie hatte eine Cave gekauft und
* Cave (dt. Keller) nennt man im Kongo auch eine Art bescheidene
Kneipenbude an der Strasse.
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sie in Cave 72 umbenannt. Diese Zahl war für sie ein
Symbol des Sieges: 1972 war ein Glücksjahr gewesen,
der Kongo hatte aus Kamerun den Afrika-Cup heim-
gebracht. Von der Beignetverkäuferin zur Barbesitzerin
aufzusteigen war für sie ein Sieg über das Unmögliche.
Auf der anderen Seite der Avenue, Pandoras Ufer
gegenüber, lag das heilige Ufer. Eine andere Reihe von
Schildern illustrierte diese Seite. Da war zu lesen: Ge-
meinde des wahren Feuers und der Wunder Gottes, Ge-
meinde der wahren Macht der Evangelien, Gemeinde
des wahren christlichen Glaubens, Gemeinde der wah-
ren Botschaft, Gemeinde der wahren Erlösung des
Herrn, Gemeinde der Segnung des Präsidentenpaares
und der Nationen, Gemeinde …
Bei Maman Nationale besetzten die drei siebenund-
zwanzigjährigen Männer einen Teil des Vorplatzes, der
die Cave bis zur Strasse verlängerte. Ihre Terrasse war
sehr viel grösser als die der Nachbarn. Eine Riesenter-
rasse vor einem schmalen Innenraum. Der Kontrast
entging niemandem. Vor allem nicht der Konkurrenz,
die Maman Nationale der missbräuchlichen Besetzung
des öentlichen Raums bezichtigte. »Keiner hindert
euch daran, es mir gleichzutun, was?!«, verteidigte sie
sich. Die Einrichtung ihrer Cave spiegelte die Beschei-
denheit ihrer Seele wider: ein Tresen, zwei sich gegen-
überstehende Sofas, dazwischen ein Couchtisch. Das
Dämmerlicht garantierte den Paaren, die Wert auf Dis-
kretion legten, glückliche Momente. Kein Nachmittag
verging, ohne dass Mamans Gehilfen Spuren von Er-
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brochenem, von säuregelbem Urin, weissem Schleim,
Schweiss wegwischten …
»Bier ist wie eine Frau, je frischer, desto besser!«,
erklärte Didi, einer der drei jungen Männer, in seinem
Akzent voller gerollter R. Von seiner Mutter hatte er ein
kleines Gesicht mit femininen Zügen geerbt, eine pralle
Figur, einen ockergelben Teint, der seinen Sex-Appeal
bestimmte. Selbst in der Trockenzeit, bei grösster Hitze,
blieb er seiner roten Jacke treu. Sein Schmollmund
täuschte Ernst vor, was seiner Aussage einen freund-
schaftlichen Klang verlieh. Er unterstrich damit nur
den guten Willen der drei. Keinesfalls wollte er Maman
Nationale eine Lektion in Geschäftsführung erteilen.
»Selbst unter den schlimmsten Umständen werden wir
dir als Kunden treu bleiben.«
Maman Nationale war sich dessen bewusst. »Doch je
heisser sie ist, desto erregender wird sie!«, antwortete sie
und wischte die in Kinshasa* produzierten Plastiktische
und -stühle auf der Terrasse ab.
Es brauchte wenig, um den jungen Männern Lach-
salven zu entlocken. Maman Nationale zeigte sich er-
kenntlich und bezeugte dies ihrem Gott im Himmel.
›So eine Stimmung kann nur den Anfang eines schönen
Tages bedeuten‹, sagte sie sich.
Ein Mann kam zur Bar. »Mutter! Zwei warme Arthur**
für mich und je zwei Flaschen für meine kleinen Brüder!«
* Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, auf der Braz-
zaville gegenüberliegenden Seite des Flusses Kongo gelegen. (Anm.
d. Übers.)
** Arthur bezeichnet das Guinness-Bier, in Anlehnung an dessen
Namensgeber.

Prix Voix d’Afriques 2021

Fann Attiki
Cave 72

Roman

Aus dem Französischen von Christiane Kayser


Hardcover
ISBN 978-3-03925-043-1
Seiten 212
Erschienen 4. März 2025
€ 26.00 / Fr. 28.00

Ein amüsantes, bissiges Fresko des heutigen Kongo.
— Télérama

Cave 72, eine kleine Bar in Brazzaville, ist ein beliebter Treffpunkt. Sie gehört Mâ Vouala, von allen Maman Nationale genannt. Ihre Bar ist im Lauf der Zeit zu einem Zufluchtsort für alle geworden, die gern bei einem Bier über Gott und die Welt, die Liebe und den alltäglichen Wahnsinn diskutieren. Auch Verdass, Ferdinand, Didi und Stephan, verschworene Freunde, treffen sich jeden Abend in der Cave.
Eines Tages wird ein finsteres Komplott geschmiedet. Mit einem perfiden Plan gelingt es dem Regime, die nichtsahnenden jungen Männer und Maman Nationale terroristischer Umsturzpläne zu beschuldigen und zu verhaften. Doch es regt sich Widerstand, das Land gerät in Aufruhr.

Bildreich, wortgewandt, ironisch gelingt Fann Attiki ein bitterböses Porträt eines korrupten, patriarchalischen Machtapparats, der für die gutausgebildete junge Generation keine Zukunftsmöglichkeiten offenhält.


Pressestimmen

Fann Attikis Sprache ist urwüchsig, intelligent, lyrisch. Er schöpft mit Vergnügen aus der Satire. Grosse Kunst.
— Le Figaro
Fann Attiki zeichnet ein eher grelles Panorama der politischen Verhältnisse in der Republik Kongo. … Er porträtiert ein durch und durch korruptes, patriarchal geprägtes politisches System, das nur um den eigenen Erhalt kreist und die Zukunft des Landes gefährdet. Durch seinen bitter-galligen Humor verleiht der Autor seiner Kritik zusätzliche Schärfe.
— Dina Netz, Deutschlandfunk
Attiki entrollt ein düsteres, gleichwohl lebenspralles Panorama vom prekären Alltag unter dem Joch der Macht, wo Lyrisches allein die Kehrseite des Grotesken ist. Lakonischer Blick und bildgewaltige Sprache speisen einen Erzählstrom von szenischer Prägnanz. … Keine Frage: Hier betritt ein grosser Hoffnungsträger die literarische Weltbühne.
— Florian Stegmaier, IN Magazin
Im Stil einer Satire beschreibt der kongolesische Autor, zu welchen Machenschaften eine Diktatur fähig ist.
— Rouven Hans, ekz-Informationsdienst
Fann Attikis pralle politische Satire »Cave 72« über Leben und Sterben in Brazzaville ist auch ein beängstigend allgemeingültiger Statusbericht über eine von Populismus und Diktatur gekaperte Gesellschaft. Es sind Romane wie diese, die man sich für fast jedes Land wünscht, die es jedoch viel zu selten gibt: politisch und doch poetisch, bissig und brutal, aber doch zärtlich und empathisch.
— Fritz Freithoff, Literatur.Review