LENOS
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Lenos Verlag
Karlheinz Deschner
Auf hohlen Köpfen ist gut trommeln
Alte und neue Aphorismen –
eine Auswahl letzter Hand
Herausgegeben von Gabriele Röwer
Die Herausgeberin
Gabriele Röwer (geb. 1944) war nach dem Studium (Evangelische Theo-
logie Konsequenz: Kirchenaustritt 1965 –, Philosophie, Germanistik
und Psychologie) pädagogisch und therapeutisch tätig. Zusammen mit
Karlheinz Deschner gründete sie 1996 die Robert-Mächler-Stiftung. Er
beauftragte seine langhrige Mitarbeiterin mit der Herausgabe der von
ihm vorbereiteten Aphorismenauswahl im Falle seines Todes. Gabriele
wer lebt in Mainz.
Erste Auflage 2017
Copyright © 2017 by Lenos Verlag, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag, Satz und Gestaltung: Lenos Verlag, Basel
Porträtfoto Seite 2: Paul Swiridoff
Printed in Germany
ISBN 978 3 85787 474 1
www.lenos.ch
Inhalt
Geist und Kunst 7
Mensch und Leben 27
Geschichte und Politik 45
Gesellschaft, Recht, Natur 65
Religion und Klerus 87
Über mich selbst 107
Anmerkungen 123
Nachwort von Gabriele Röwer 125
Kurzbiographie 142
Geist und Kunst
9
Ein Aphorismus ist der Versuch, schon den Ton als Kon-
zert auszugeben.
Aphorismus: ein Handstreich mit dem Kopf.
Der Aphorist mag aus der Not Tugend machen, der Sy-
stematiker übt Notzucht.
Ein Aphorismus lebt zwar oft aus dem Grund einer lan-
gen Erfahrung, die aber eine ganz andere, gegenteilige
gern ignoriert.
Was nicht paradox ist, ist ungenau.
Zu den schönsten Aphorismen zähle ich meine schön-
sten Aphorismen und alle, die ich selbst gern geschrie-
ben hätte.
Lesenswerter als alle Offenbarungen: Lichtenbergs Su-
delbücher.
Ein Kopf denkt nie allein.
Gesichter – Aphorismen ohne Worte.
*
10
Aufklärung ist Ärgernis; wer die Welt erhellt, macht
ihren Dreck deutlicher.
Je grösser die Hellsicht, desto tiefer die Nacht.
Geist ist nicht mehrheitsfähig.
Denken überzeugt Denkende; darum überzeugt Den-
ken selten.
Widerstand ist das Prinzip des Geistes. Wer denkt, ver-
weigert sich.
Wer anders denkt als seine Zeit, muss nicht von gestern
sein; wer denkt wie sie, ist es.
Wer ethisch denkt, wird immer radikaler denken müs-
sen.
*
Der Mensch ist nicht nur, was er denkt, er denkt auch,
was er ist.
Es hilft wenig, uns Gedanken zu machen, machen die
Gedanken nichts aus uns.
11
Alles ist schon tausendmal gedacht worden – und dabei
blieb es dann auch.
Das Empfundene denken und das Gedachte empfinden
ist gar nicht so leicht.
Mancher denkt mehr, als er begreift; mancher begreift
mehr, als er denkt. Augenblicke, in denen man gar
nichts denkt, nnen tiefer sein als die tiefsten Gedan-
ken.
Gedanken haben etwas Ungelebtes, Kompensatorisches.
Gedanken sind verkopftes Gefühl.
Zynismus – geistreich sein ohne Barmherzigkeit.
Geist wärmt nicht. Doch die Welt zu erwärmen ist
wichtiger noch, als sie zu erleuchten.
Ein Mensch ist wichtiger als seine Meinung.
Je schärfer der Verstand, desto verständnisloser oft.
*
Gelehrte hören gewöhnlich bloss ihresgleichen. Nur ein
grosser Aussenseiter, Lichtenberg, rte »immer lieber
einen Papagei sprechen als einen Professor«.
12
Wann ein Professor imponiert? Wenn ihn höchster Ta-
del trifft: Kant; wenn er wieder geht: Nietzsche; wenn
er gar keiner wird: Schopenhauer.
Einstein spricht einmal von jenem öden Spezialistentum,
das mit Hornbrille und Dünkel die Poesie zerstört.
Kenntnisse haben heisst noch nicht, denken zu können.
*
Den grössten Erziehungsfehler nennt Gotthold Ephraim
Lessing, »dass man die Jugend nicht zum eigenen
Nachdenken gewöhnet …«. Das ist kein Fehler. Das ist
Absicht.
Hegel: »Die Erziehung hat den Zweck, den Menschen
zu einem selbständigen Wesen zu machen; d. h. zu ei-
nem Wesen von freiem Willen.« Im Gegenteil: zum
Staats-, zum Kirchenkrüppel, zur funktionierenden
Marionette.
Schon in der Antike erkennt Petronius: Unsere jungen
Leute werden in den Schulen ganz und gar verdummt.
Ist jede öffentliche Erziehung doch ein Politikum, das
heisst in aller Regel: die Individualität aus-, die Norm
eintreiben.
13
Erziehung: einen Kopf drehn, bis er verdreht ist na-
türlich auf den neuesten Stand.
Lernt man in unseren Schulen nicht auch deshalb so vie-
les, was man nicht brauchen kann, um so vieles nicht zu
lernen, was man brauchen könnte?
Wo steckt denn im »Lehrrper« die Seele?
Ein Lehrer mit Lehrbefähigung ist eine Doppelbega-
bung.
*
Man meint heute zu wissen, wie die Welt entstanden
ist. Aber wissen wir, was man darüber in fünfhundert
Jahren lehrt? Oder schon in nfzig, wenn sie dann noch
besteht?
Die Grenze unseres Denkens setzt unser Hirn.
»Die Realität ist eine Illusion«, sagt Einstein. Und die
Illusion? Eine Realität.
Das, was wir Erkenntnis nennen, ist nur ein Aufblitzen
in ewiger Nacht.

Karlheinz Deschner
Auf hohlen Köpfen ist gut trommeln

Alte und neue Aphorismen – eine Auswahl letzter Hand

Mit einem Nachwort von Gabriele Röwer


Paperback
ISBN 978-3-85787-474-1
Seiten 143
Erschienen 28. Oktober 2016
€ 18.00 / Fr. 24.00

Ausgaben
Paperback (2016)
Kompromisslos-Scharfsinniges vom bedeutendsten Kirchenkritiker des 20. Jahrhunderts.

Diese Sammlung alter und neuer Aphorismen – eine vom Verfasser autorisierte Auswahl letzter Hand – vereinigt Karlheinz Deschners teilweise schon ins allgemeine Sprachgut aufgenommene Favoriten aus den Bereichen »Geist und Kunst«, »Mensch und Leben«, »Geschichte und Politik«, »Gesellschaft, Recht, Natur« sowie »Religion und Klerus« und »Über mich selbst«. In seiner erst nach der Lebensmitte entdeckten Lieblingsgattung – ein »Handstreich mit dem Kopf« – komprimiert er die geistig-emotionale Essenz seiner übrigen Werke, sie zu- und überspitzend, oft sarkastisch, auch paradox.

»Es sind echte Perlen, ja Kronjuwelen darunter, Sprüche von einer Eleganz der Formulierung, von einer prägnanten Kürze und treffsicheren Pointierung, die ihresgleichen im ganzen aphoristischen Blätterwald der Gegenwart suchen«, so der Kirchenkritiker Hubertus Mynarek. Für den Philosophen Hermann Josef Schmidt ist Deschner »innerhalb des deutschen Sprachraums nach Lichtenberg im 18. und Nietzsche im 19. mit Karl Kraus der Aphoristiker des 20. Jahrhunderts«.

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