LENOS
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Lenos Verlag
Julie Otsuka
Als der Kaiser ein Gott war
Roman
Aus dem Amerikanischen
von Irma Wehrli
Die Übersetzerin
Irma Wehrli, geboren 1954 in Liestal. Studium der Anglistik, Ger-
manistik und Romanistik. Schwerpunkt ihrer Übersetzungstätig-
keit sind englische und amerikanische Autoren des 19. Jahrhunderts
und der klassischen Moderne (Hardy, Wilde, Kipling, Mansfield,
Hawthorne, Whitman, Cather, Wolfe u. a.). Für ihre Übertragung
des Romans Of Time and the River von Thomas Wolfe wurde ihr 2011
das Zuger Übersetzer-Stipendium zugesprochen, 2017 wurde ihr
die Ehrendoktorwürde der Universität Basel für ihr Gesamtwerk als
Kulturvermittlerin verliehen.
Die Übersetzerin und der Verlag danken der Schweizer Kulturstif-
tung Pro Helvetia für die Unterstützung.
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
When the Emperor Was Divine
Copyright © 2002 by Julie Otsuka, Inc.
Erste Auflage 2019
Copyright © der deutschen Übersetzung
2019 by Lenos Verlag, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Satz und Gestaltung: Lenos Verlag, Basel
Umschlagbild: Valentino Sani / Arcangel Images
Printed in Germany
ISBN 978 3 85787 499 4
Der Lenos Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Struk-
turbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.
Dieses Buch ist meinen Eltern
und dem Andenken an Toyoko H. Nozaka gewidmet
Dank
Mein Dank geht an Nicole Aragi, die so geduldig
gewartet hat, und an Jordan Pavlin für ihre
redaktionelle Kompetenz und Sorgfalt. Ich danke auch
Maureen Howard, die mich von Anfang an ermutigt und
unterstützt hat.
Als der Kaiser ein Gott war
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Evakuierungsbefehl Nr. 19
Die Bekanntmachung war über Nacht aufgetaucht.
An Anschlagbrettern und Bäumen und an den Rü-
ckenlehnen der Bushaltestellen. Sie hing bei Wool-
worth im Schaufenster. Sie hing beim Eingang zur
YMCA. Sie war an die Tür des städtischen Gerichts
geheftet und auf Augenhöhe an jeden Telefonmast
an der University Avenue genagelt. Die Frau wollte
ein Buch in die Bibliothek zurückbringen, als sie
die Bekanntmachung in einem Fenster des Post-
amts sah. Es war ein sonniger Frühlingstag des Jah-
res 1942 in Berkeley, und weil sie eine neue Brille
hatte, konnte sie seit Wochen zum ersten Mal alles
deutlich erkennen. Sie musste nicht mehr blinzeln,
blinzelte jedoch aus Gewohnheit trotzdem. Sie las
die Bekanntmachung von oben bis unten durch, zog
immer noch blinzelnd einen Kugelschreiber her-
vor und las die Bekanntmachung von oben bis un-
ten noch einmal. Die Schrift war klein und dunkel,
manches davon winzig. Sie kritzelte einige Worte
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auf die Rückseite einer Bankquittung, machte auf
dem Absatz kehrt und ging nach Hause, um zu pa-
cken.
Als neun Tage später die Mahnung der Biblio-
thek eintraf, war sie noch immer nicht mit Packen
fertig. Die Kinder waren gerade zur Schule ge-
gangen, und im ganzen Haus standen Kisten und
Koffer herum. Sie schob den Briefumschlag in den
nächstbesten Koffer und trat durch die Tür.
Draussen schien warm die Sonne, und Palmwe-
del schlugen an der Seite träge gegen das Haus. Sie
streifte sich ihre weissen Seidenhandschuhe über
und ging auf der Ashby Avenue nach Osten. Sie
überquerte die California Street und kaufte in der
Rumford-Apotheke einige Stangen Lux-Seife und
eine grosse Dose Gesichtscreme. Sie ging am Se-
condhandshop und am mit Brettern vernagelten
Lebensmittelladen vorbei, ohne unterwegs einer
Bekannten zu begegnen. Am Zeitungskiosk an der
Ecke Grove Street kaufte sie eine Berkeley Gazette.
Rasch überflog sie die Schlagzeilen: Die Burma
Road war abgeschnitten, und eine der Dionne-Fünf-
linge Yvonne litt immer noch an den Folgen
einer Operation am Ohr. Ab Dienstag würde der
Zucker rationiert. Sie faltete die Zeitung und gab
acht, dass die Druckerschwärze nicht auf ihre Hand-
schuhe abfärbte.
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Vor Lundys Eisenwarenhandlung blieb sie stehen
und begutachtete die Schaufeln für den Victory-Gar-
ten
*
in der Auslage. Es waren robuste Schaufeln mit
solidem Metallgriff, und sie überlegte sich flüchtig,
eine zu kaufen der Preis stimmte, und sie liess sich
ungern ein Schnäppchen entgehen. Aber dann fiel
ihr ein, dass sie zu Hause im Schuppen schon eine
Schaufel hatte ja sogar zwei. Eine dritte brauchte
sie nicht. Sie strich ihr Kleid glatt und betrat das
Geschäft.
»Schöne Brille«, sagte Joe Lundy, kaum war sie
hereinspaziert.
»Finden Sie?«, fragte sie. »Ich bin sie noch nicht
gewohnt.« Sie nahm einen Hammer und packte
ihn fest am Griff. »Haben Sie keinen grösseren?«,
fragte sie. Joe Lundy antwortete, der Hammer in ih-
rer Hand sei der grösste, den er habe. Sie legte den
Hammer auf das Gestell zurück.
»Was macht Ihr Dach?«, fragte er sie.
»Ich glaube, die Schindeln faulen allmählich. Es
leckt wieder
»Es ist ein nasses Jahr gewesen.«
Die Frau nickte. »Aber wir hatten auch ein paar
schöne Tage.« Sie ging an den Jalousien und Verdun-
kelungsrollos vorbei in den hinteren Teil des Ladens.
* Anmerkungen der Übersetzerin und Erklärungen ausgewählter
Namen und Begriffe ab Seite 185.
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Dort nahm sie zwei Rollen Klebeband und einen
Schnurknäuel und brachte sie zur Kasse. »Jedes Mal
wenn es regnet, muss ich den Eimer unterstellen«,
sagte sie. Sie legte zwei Vierteldollar auf die Theke.
»Ein Eimer ist nie falsch«, sagte Joe Lundy. Er
schob die Vierteldollar wieder über die Theke zu ihr
zurück, jedoch ohne sie anzusehen. »Sie können spä-
ter bezahlen«, sagte er und begann die Kasse an der
Seite mit einem Lappen blank zu reiben. Da war ein
dunkler Fleck, der einfach nicht weggehen wollte.
»Ich kann jetzt bezahlen«, sagte die Frau.
»Ist schon gut«, sagte Joe Lundy. Er griff in seine
Hemdtasche und gab ihr zwei in Goldfolie einge-
wickelte Karamellen. »Für die Kinder«, sagte er.
Sie steckte die Karamellen in ihre Handtasche, liess
aber das Geld liegen. Sie dankte ihm für die Bon-
bons und verliess das Geschäft.
»Hübsches rotes Kleid«, rief er ihr nach.
Sie drehte sich um und warf ihm über den Bril-
lenrand einen kurzen Blick zu. »Danke«, sagte sie.
»Danke, Joe.« Dann fiel die Tür hinter ihr zu, sie
stand allein auf dem Gehsteig und erkannte, dass sie
in all den Jahren, da sie nun schon bei Joe Lundy
einkaufte, ihn noch nie mit seinem Vornamen ange-
sprochen hatte. Joe. Es klang seltsam und fast falsch
in ihren Ohren. Und doch hatte sie es gesagt: laut.
Sie wünschte, sie hätte es früher getan.
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Sie fuhr sich mit ihrem Taschentuch über die
Stirn. Die Sonne schien hell, und sie mochte nicht
in der Öffentlichkeit schwitzen. Sie nahm ihre Brille
ab und wechselte auf die schattige Strassenseite. Bei
der Ecke Shattuck Avenue nahm sie die Strassenbahn
ins Stadtzentrum. An der Kittredge Street stieg sie
aus, ging ins Warenhaus J. F. Hink und fragte den
Verkäufer dort nach Seesäcken, aber sie hatten keine,
die seien ausverkauft. Den letzten habe er erst vor
einer halben Stunde verkauft. Er verwies sie an J. C.
Penney, aber auch dort waren alle Seesäcke verkauft.
In der ganzen Stadt waren Seesäcke ausverkauft.
*
Als die Frau nach Hause kam, zog sie ihr rotes
Kleid aus und streifte sich ein verwaschenes blaues
über ihr Hauskleid. Sie steckte ihr Haar zu ei-
nem Knoten auf und schlüpfte in ein Paar alte, be-
queme Schuhe. Sie musste jetzt fertigpacken. Sie
rollte den Orientteppich im Wohnzimmer auf. Sie
hängte die Spiegel ab. Sie nahm die Vorhänge und
Rollos ab. Sie trug den winzigen Bonsaibaum in
den Hof hinaus und stellte ihn unter der Dachrinne
ins Gras, wo er weder zu viel Schatten noch zu viel
Sonne abbekommen würde, sondern beides genau
im richtigen Mass. Sie brachte das Kurbelgrammo-
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phon und die Uhr mit Westminsterschlag in den
Keller hinunter.
Im Zimmer des Jungen droben nahm sie die
grosse Weltkriegskarte ab und legte sie sorgsam in
ihre Falten. Sie wickelte seine Briefmarkensamm-
lung ein und die bemalte Holzfigur eines Indianers
mit langem Federschmuck, die er am Jahrmarkt von
Sacramento gewonnen hatte. Sie zog die Joe Palooka-
Comics unter seinem Bett hervor. Sie leerte die
Schubladen. Einige seiner Kleider die noch benö-
tigten liess sie liegen, damit er sie später einpa-
cken konnte. Seinen Baseballhandschuh legte sie auf
sein Kopfkissen. Dann verstaute sie seine übrigen
Sachen in Kisten und trug sie auf die Glasveranda.
Die Tür zum Mädchenzimmer war zu, und über
dem Türgriff hing ein Zettel, der am Vortag noch
nicht da gewesen war. BITTE NICHT STÖREN stand
darauf. Die Frau machte die Tür nicht auf. Sie ging
die Treppe hinunter und nahm die Bilder von den
Wänden. Es waren bloss drei: das Porträt der Prinzes-
sin Elizabeth, das im Esszimmer hing, das Jesusbild
in der Diele und ein gerahmter Druck von Millets
Ährenleserinnen in der Küche. Sie legte Jesus und die
kleine Prinzessin zusammen in eine Kiste, Gesicht
nach unten. Sie achtete darauf, dass Jesus zuoberst
war. Dann nahm sie die Ährenleserinnen aus dem Rah-
men und warf einen letzten Blick auf das Bild. Sie
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fragte sich, warum sie es so lange in der Küche hän-
gen gelassen hatte. Es störte sie, wie diese Bäuerinnen
ewig über das endlose Weizenfeld gebeugt waren.
»Schaut auf«, wollte sie zu ihnen sagen. »Schaut auf,
schaut doch auf!« Die Ährenleserinnen mussten weg,
beschloss sie. Sie stellte das Bild zum Müll draussen.
Im Wohnzimmer räumte sie alle Bücher aus den
Regalen, bis auf Audubons Birds of America. In der
Küche räumte sie die Schränke aus. Ein paar Sachen,
die sie am Abend noch brauchen würde, stellte sie
beiseite. Alles Übrige – das Porzellan, die Kris-
tallgläser, die Essstäbchen aus Elfenbein, die ihr
die Mutter vor fünfzehn Jahren aus Kagoshima zur
Hochzeit geschickt hatte verstaute sie in Kisten.
Sie verschloss sie mit dem Klebeband, das sie in Lun-
dys Eisenwarenhandlung gekauft hatte, und trug sie
eine um die andere die Treppe hoch auf die Veranda.
Als sie fertig war, verschloss sie die Tür mit zwei
Vorhängeschlössern, setzte sich mit über die Knie
hochgezogenem Kleid auf den Treppenabsatz und
zündete sich eine Zigarette an. Morgen würden sie
und die Kinder weggehen. Sie wusste nicht, wohin
oder für wie lange, und auch nicht, wer unterdessen
in ihrem Haus wohnen würde. Sie wusste nur, dass
sie morgen gehen mussten.
Es gab Dinge, die sie mitnehmen konnten: Bett-
und Tischwäsche, Gabeln, Löffel, Teller, Schüsseln,
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Tassen, Kleider. So hatte sie es auf der Rückseite der
Bankquittung notiert. Haustiere waren nicht er-
laubt. Das hatte in der Bekanntmachung gestanden.
Es war Ende April, in der vierten Woche des
fünften Kriegsmonats, und die Frau, die nicht im-
mer alle Regeln befolgte, befolgte die Regeln. Sie
gab die Katze den Greers nebenan. Sie fing das
Huhn ein, das sich im letzten Herbst in den Hof
verirrt hatte, und brach ihm unter einem Besenstiel
das Genick. Sie rupfte es und legte den Rumpf in
einen Topf kaltes Wasser im Spülbecken.
Schon frühnachmittags war ihr Taschentuch durch-
nässt. Sie atmete schwer, und es juckte sie in der
Nase vom Staub. Der Rücken tat ihr weh. Sie
schlüpfte aus den Schuhen und massierte sich die
Fussballen, dann ging sie in die Küche und drehte
das Radio an. Enrico Caruso sang wieder La donna
è mobile. Seine Stimme war voll und schmelzend.
Sie öffnete den Kühlschrank und nahm einen Teller
Reisbällchen heraus, die mit Salzpflaumen gefüllt
waren. Sie ass sie langsam und hörte dabei dem Te-
nor zu. Die Pflaumen waren dunkel und sauer. Ge-
nau so schmeckten sie ihr.
Als die Arie vorüber war, stellte sie das Radio ab
und legte zwei Reisbällchen in eine blaue Schüssel.
Sie schlug ein Ei über der Schüssel auf und gab etwas
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Lachs dazu, den sie am Vorabend gekocht hatte. Sie
trug die Schüssel zur hinteren Veranda und stellte
sie auf die Stufen. Ihr Rücken schmerzte, aber sie
richtete sich auf und klatschte dreimal in die Hände.
Ein weisses Hündchen kam aus den Bäumen her-
beigehumpelt.
»Friss schön, Weisser Hund«, sagte sie. Weisser
Hund war alt und schwach, aber er frass manierlich,
und sein Kopf hüpfte über der Schüssel auf und ab.
Die Frau setzte sich neben ihn und schaute zu. Als
die Schüssel leer war, blickte er zu ihr auf. Eins sei-
ner Augen war trübe. Sie kraulte ihn am Bauch, und
sein Schwanz schlug gegen die Holzstufen.
»Braver Hund«, sagte sie.
Sie stand auf, ging über den Hof, und Weisser
Hund folgte ihr. Die Narzissen im Garten waren
weiss vom Mehltau, und die Iris begann zu welken.
Überall wucherte Unkraut. Die Frau hatte den Ra-
sen seit Monaten nicht mehr gemäht. Das tat sonst
ihr Mann. Ihren Mann hatte sie seit seiner Verhaf-
tung im letzten Dezember nicht wiedergesehen. Erst
war er mit dem Zug nach Fort Missoula, Montana,
geschickt und dann nach Fort Sam Houston, Texas,
verlegt worden. Alle paar Tage durfte er ihr einen
Brief schreiben. Für gewöhnlich erzählte er vom
Wetter. Das Wetter in Fort Sam Houston war schön.
Jeder Briefumschlag war auf der Rückseite gestem-
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pelt: »Zensiert, Kriegsministerium« oder »Postsen-
dung, feindlicher Ausländer in Gewahrsam«.
Die Frau setzte sich auf einen Stein unter dem
Dattelpflaumenbaum. Weisser Hund lag zu ihren
Füssen und drückte die Augen zu. »Weisser Hund«,
sagte sie, »schau mich an.« Weisser Hund hob den
Kopf. Die Frau war seine Herrin, und er tat alles,
was sie von ihm wollte. Sie streifte sich ihre weissen
Seidenhandschuhe über und nahm einen Schnur-
knäuel hervor. »Schau mich einfach die ganze Zeit
an«, sagte sie. Sie band Weisser Hund an den Baum.
»Du bist ein braver Hund gewesen«, sagte sie. »Ein
braver weisser Hund.«
Irgendwo in der Ferne klingelte ein Telefon.
Weisser Hund bellte. »Still!«, sagte sie. Weisser
Hund verstummte. »Jetzt Platz«, sagte sie. Weisser
Hund legte sich hin und blickte mit seinem guten
Auge zu ihr auf. »Stell dich tot«, sagte sie. Weisser
Hund drehte den Kopf zur Seite und schloss die Au-
gen. Seine Pfoten erschlafften. Die Frau nahm die
grosse Schaufel, die am Baumstamm lehnte. Sie hob
sie mit beiden Händen hoch in die Luft und liess das
Schaufelblatt auf seinen Kopf niedersausen. Weisser
Hund zuckte zweimal am ganzen Leib und stiess mit
den Hinterbeinen in die Luft, als ob er weglaufen
wollte. Dann regte er sich nicht mehr. Blut sickerte
aus seinem Mundwinkel. Sie band ihn vom Baum

Asian American Literary Award

Julie Otsuka
Als der Kaiser ein Gott war

Roman

Aus dem Amerikanischen von Irma Wehrli


Hardcover, mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-85787-499-4
Seiten 189
Erschienen 2. September 2019
€ 22.00 / Fr. 29.00

Ein sonniger Frühlingstag im Jahr 1942, Berkeley, Kalifornien. Am Postamt liest die Mutter den Evakuierungsbefehl, geht nach Hause und beginnt die wichtigsten Habseligkeiten der Familie zusammenzupacken. Wie Zehntausende weitere japanischstämmige Amerikaner in den Westküstenstaaten betrachtet man sie als Sicherheitsrisiko, seit die USA mit Japan im Krieg stehen. Schnörkellos, präzise und aufwühlend erzählt Julie Otsuka in ihrem Roman von der wachsenden antijapanischen Stimmung unter den bislang so freundlichen Nachbarn, der Deportation in ein Internierungslager im Wüstenhochland von Utah, den prekären Verhältnissen in den Baracken hinter Stacheldraht, von Angst und Einsamkeit – und schliesslich von der Rückkehr der Familie, für die nichts mehr so sein wird wie zuvor.
Indem die Autorin ein beschämendes Kapitel US-amerikanischer Geschichte ausleuchtet, greift sie zugleich eine universelle Thematik auf: rassistische Vorurteile und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, heute so aktuell wie vor 75 Jahren.

Julie Otsukas Debütroman wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet. Nach Wovon wir träumten (mareverlag) ist er der zweite Roman der amerikanischen Erfolgsautorin, der auf Deutsch erscheint.

Zu diesem Roman stellt Penguin Random House für Lehrkräfte einen ausführlichen Teacher's Guide in englischer Sprache zum Download bereit: randomhouse.com.

Pressestimmen

Eindringlich erzählt Julie Otsuka von diesem verdrängten Kapitel der US-amerikanischen Geschichte.
— Katharina Borchardt, SWR
Meisterhaft gelingt es Otsuka, die Schrecken einer Zeit aus der Perspektive der Figuren zu schildern.
— Iris Meier, bz Basel
Otsukas liebevoller Blick kontrastiert mit dem Schrecken, den die rassistische Sippenhaft bewirkt.
— Martina Läubli, NZZ am Sonntag
Mit diesem berührenden Roman ist Julie Otsuka ein Kunststück gelungen … Visuell prägnant, emotional präzise, doch ohne aufgeladene Symbolik oder extrabedeutsame Dialoge.
— Katharina Borchardt, Deutschlandfunk
Die detailreich geschilderten Szenen brennen sich ins Gedächtnis wie die eines Films. Ihren Figuren gibt Otsuka keine Namen; ein Hinweis auf den Identitätsverlust, den die Familie erleidet. Sie sind Japaner. Das reicht. Das reicht, um sie zu Feinden zu machen, um sie auszugrenzen, zu schmähen, zu entrechten. Eindrucksvoll schildert Otsuka, was es mit Menschen macht, wenn sie diskriminiert werden, weil sie zufällig an einem bestimmten Ort auf der Welt geboren wurden. Wenn Herkunft zum Makel wird. Fragen, die weit über den zeitlichen Kontext des Buches hinausweisen, die heute so drängend sind wie damals. Auch das ist ein Verdienst dieses lesenswerten Buches: Es macht möglich, altbekannten Irrsinn mit frischer Empörung zu betrachten.
— Katharina Frohne, Weser-Kurier
Ein Juwel von einem Buch.
— USA Today
Ein wundervoll nuanciertes Werk, das nachhallt.
— The New York Times
Kraftvoller als jede andere Geschichte, die ich über jene Zeit gelesen habe.
— The Los Angeles Times Book Review
Herzzerreissend und erfrischend unsentimental.
— Publishers Weekly
Absolut brillant.
— Elle Magazine
Eindrucksvoll.
— Susanne Opfermann, literaturkritik.de
Für mich eines der Highlights in diesem Jahr.
— Jana Miklaw, Wissenstagebuch