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Lenos Verlag
Sumaya Farhat-Naser
Disteln im Weinberg
Tagebuch aus Palästina
Herausgegeben von
Chudi Bürgi, Martin Heule und Regula Renschler
Mit einem Essay von
Ernest Goldberger
Die arabischen Namen wurden soweit möglich in ihrer
Schreibweise der deutschen Aussprache angenähert. Zur Erleich-
terung der Aussprache wurden betonte lange Silben mit einem
Zirkumflex (
^
) versehen.
Sonderausgabe 2012
Copyright © 2007 by Lenos Verlag, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Satz und Gestaltung: Lenos Verlag, Basel
Umschlag: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich
Printed in Germany
ISBN 978 3 85787 430 7
Im Gleichnis vom Weinberg erzählt der Prophet Jesaja, dass sein
geliebter Freund einen Weinberg mit edlen Reben anlegte. Sie
brachten aber nur schlechte Trauben hervor. Deshalb beschloss
er, ihn verwüsten zu lassen, »Disteln und Dornen sollten darauf
wachsen« (Jesaja 5,6).
Diese Geschichte gab dem vorliegenden Buch seinen Titel.
Gott, der Weinbergbesitzer, liebt seine Menschen – die Reben. Er
schenkt ihnen Leben, Nahrung und Pflege und erhofft sich von
ihnen Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Die Menschen aber ge-
hen den falschen Weg. Er rnt ihnen und richtet: Dem Weinberg
droht das Verderben. Es herrscht Unmenschlichkeit und Rechts-
bruch.
Disteln sind hartnäckig, schwer auszurotten und kehren immer
wieder. Sie werden gefürchtet, weil sie Schmerz zufügen, und zu-
gleich bewundert, weil sie sich durchsetzen, ausdauernd sind und
prächtige Blüten treiben. Sie sind wehrhaft und bieten Schutz.
Wie die Disteln, wie die Olivenbäume, wie der Thymian und
die Steine gehören auch die Weinreben zu unserem Leben. Wie die
Olivenbäume sind die Reben tief verwurzelt und weit verzweigt.
In ihrem Schatten fühlen wir uns geborgen, wir lieben und besin-
gen sie. Die Reben sind grosszügig und duften wie gutes Leben.
Sie verkünden Gelassenheit und Lebensmut zum Schaffen und
Hoffen.
Sumaya Farhat-Naser
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Vor wort
Als wir Sumaya Farhat-Naser im Frühling 2006
als Konzept r ihr drittes Buch ein Tagebuch zu
schreiben vorschlugen, wussten wir nicht, ob die-
ser Vorschlag ihre Zustimmung finden würde. Sie
hat sich darauf eingelassen, obwohl ihr Leben nicht
vorgegebenen Strukturen folgt; alles hängt von un-
vorhersehbaren politischen Gegebenheiten ab, und
diese können sich von einem Tag auf den andern, von
einer Stunde auf die andere, verändern. Gegebenhei-
ten, Ereignisse, Vorkommnisse, die stets auch einen
gefährlichen Verlauf nehmen nnen. So beschreibt
Sumaya Farhat-Naser zum Beispiel am 22. Dezember
2006, wie Weihnachtseinkäufe wegen eines Gewalt-
ausbruchs in den Strassen von Ramallah abgebrochen
werden müssen. Gefahr droht ihr jedesmal, wenn es
an Checkpoints zu Auseinandersetzungen kommt. So
verwundert es nicht, dass in Sumaya Farhat-Nasers
Tagebuch von neun Monaten, von Mitte Juni 2006
bis Mitte März 2007, ein zermürbender Alltag be-
schrieben wird, der von immer wiederkehrender
Angst und Beklemmung zeugt, hervorgerufen durch
die Gewalt der Besatzung mit ihren mannigfachen
Folgen. Dennoch ist der Alltag der Autorin auch ein
Alltag: Sie kocht, kauft ein, betreut ihre alte Mutter,
mmert sich um ihre weitverzweigte Familie und
um ihren Garten mit dem Olivenhain; sie kommt
ihren Verpflichtungen an ihrer Schule nach, treibt
ihre Friedensarbeit mit palästinensischen Frauen und
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Mädchen voran, reist ins Ausland, hält Vorträge. Ein
Alltag, der viel Kraft kostet. Doch Sumaya Farhat-
Naser hat ihre ganz eigene Regeneration: In der Na-
tur, im Garten, mit ihrer Familie erholt und ermutigt
sie sich. Und vielleicht auch in den Analysen und Re-
flexionen über ihre Situation und die Situation ihres
Landes.
Wie ein farbig gewebter Teppich breitet sich vor
den Leserinnen und Lesern ein Leben in Palästina aus,
ein im Vergleich mit den meisten ihrer Landsleute
privilegiertes Leben, aber auch ein stets gefährdetes
Leben. Dieses Tagebuch ist einzigartig und kann zum
Verständnis einer für uns kaum vorstellbaren Realität
beitragen.
Die Autorin lebt mit ihrem Mann in Birseit, we-
nige Kilometer von Ramallah entfernt, im Westjor-
danland. Deshalb wird Gasa, wo seit Mai 2007 die
Hamâs das Sagen hat, während im Westjordanland
die Fatach regiert, in ihrem Tagebuch nur am Rand
erwähnt; sie kann nicht dorthin reisen, es gibt keine
Kontakte, keine Verbindungen zwischen den beiden
Regionen. Gasa findet im Westjordanland, wie bei
uns, in den Medien statt.
Auch andere Kontakte gibt es nicht mehr. Im
Unterschied zu ihrem zweiten Buch kann die Auto-
rin in diesem Tagebuch nicht von der gemeinsamen
Friedensarbeit mit den israelischen Friedensfrauen be-
richten, die israelischen Behörden haben diese wert-
vollen und spannenden Aktivitäten verunglicht.
Nur unter grossen Schwierigkeiten gelingt einmal ein
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Treffen, es wird ein Freudenfest für beide Seiten. Su-
maya Farhat-Naser ist eine Friedensfrau, sie verbietet
sich jeden Hass, und sie kommt in ihren Analysen
letztlich auf dieselben Schlussfolgerungen wie Ernest
Goldberger, der in seinem Essay schreibt:
»Der Nahostkonflikt ist nur mehr lösbar auf der Grund-
lage von Vernunft, Realitätssinn und Hochhaltung der uni-
versalen Menschenrechte für alle als oberstes Prinzip.«
Ernest Goldberger lebte in Tel Aviv, in einer an-
deren Realität. Viele Jahre lang beobachtete und
analysierte der Basler Sozialwissenschafter, der 1991
nach Israel ausgewandert war, die Geschichte Israels
und die Politik der israelischen Regierungen und ihre
Folgen r Israelis und Palästinenser. In seinem Es-
say unter dem Titel »Israels Verantwortung« zeigt er
auf, was wider Vernunft und Realitätssinn geschah
und geschieht, wie Menschenrechte verletzt werden
und warum der Nahostkonflikt scheinbar unlösbar
geworden ist. Der Essay ist nicht nur eine unerbittli-
che Analyse der Dauerkrise im Nahen Osten, er zeugt
auch von der Hoffnung des Autors, Israel ge eines
Tages zu seinen Idealen zurückfinden.
Regula Renschler und Martin Heule
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Juni 2006
11. Juni
Heute, an meinem achtundfünfzigsten Geburtstag,
öffne ich dieses Tagebuch, um die nächsten neun Mo-
nate von meinem Leben in Palästina zu berichten.
Es ist Sommer, und die Pracht des Frühlings ist
längst vergangen. Doch es ist auf andere Weise bunt
und schön: Das Grün der Olivenbäume, das Gelb der
Weizehren, das Braun der Erde und die vielen hel-
len Steine zwischen dem duftenden, hoch aufragen-
den Thymian widerspiegeln das Mosaikbild Palästi-
nas. Zu meinem Geburtstag gehen wir zum Kasr im
Olivenhain, einem massiven Rundbau aus Stein, und
wir geniessen das Beisammensein in der Natur mit
Salbei- und Pfefferminztee. Dabei erinnern wir uns
an unsere Frühjahrswanderung und daran, wie unser
Kasr entstanden ist.
Im April waren mein Mann Munîr, unser Sohn Anîs,
unsere Töchter Ghâda und Hâla und ich durch Tä-
ler und über Hügel gewandert. Anemonen, Ginster,
Zyklamen, wilde Tulpen, Lilien und Orchideen sowie
wilde Rosen und Kletterpflanzen schmückten das
Grün der Landschaft. Wir schwirrten nach allen Sei-
ten aus und erkundeten die Vielfalt der Lebewesen.
Wir suchten wilden Spargel, der sich im Gestrüpp
der stachligen Beeren und Kletterpflanzen versteckte,
wurden von Dornen zerkratzt und gestochen. Wie
freuten wir uns, wenn wir die Köpfe der Spargelstan-
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gen aufragen sahen, als hätten sie auf uns gewartet.
Wir jauchzten, pflückten davon, soviel wir konnten,
und verglichen dann unsere Spargelsträusse.
Später gelangten wir zur grossen Mülldeponie von
Birseit. Im ganzen Land wird der Müll, ohne Verar-
beitung, einfach am Rande der Dörfer aufgeschüttet
und der Bauschutt entlang der Strassen abgelagert.
Wohnhäuser werden immer näher an die Deponien
herangebaut.
Haufenweise lag der Müll offen verstreut. Rauch
und Fäulnisgeruch raubten uns fast den Atem. Wir
verhüllten das Gesicht, hielten den Atem an, kniffen
die Augen zusammen und stiegen zügig, doch vor-
sichtig über die Haufen, um die Müllandschaft mög-
lichst schnell hinter uns zu lassen. Wir wollten ein-
fach die Schönheit der Natur sehen.
Wir erreichten den Weinberg meines Grossvaters
Ibrahîm. Heute wachsen dort Olivenbäume. Verge-
bens suchte ich den alten Johannisbrotbaum, unter
dem wir uns jeweils ausgeruht und die gepflückten
Weintrauben r den Verkauf in Kisten gelegt hatten.
Traurig musste ich erkennen, dass er abgeholzt wor-
den war. Ich erinnerte mich, wie Grossmutter Miriam
damals im Tontopf auf dem Holzfeuer Frischgemüse
gekocht und Fladenbrot gebacken hatte. Sie hatte
auch die Ziegen versorgt und aus der gemolkenen
Milch Frischse und Joghurt zubereitet.
In diesem Weinberg steht die Ruine eines Kasrs.
Er gehörte Regina, der Schwester meiner Grossmut-
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ter. Wir krochen hinein, setzten uns auf den felsigen
Boden und betrachteten das Gewölbe, das aus Steinen
geschichtet ist, die sich ohne Mörtel neben- und über-
einander stützen. Ein Kunstwerk aus fheren Zeiten.
Wir berührten die Steine voller Achtung und spürten
die Anwesenheit der Vorfahren, ihrer Arbeit und ih-
rer Seelen. Wir empfanden eine tiefe Verbundenheit
mit der Familie über Generationen hinweg.
Ganz in der Nähe befindet sich auch eine römische
Ruine. Wir besichtigten die grosse Anlage von einge-
stürzten Mauern, die noch die verschiedenen Räume
und Gänge erkennen lassen. Die Zisterne zum Auf-
fangen von Regenwasser deutet auf die Versorgung
einer grösseren Zahl von Menschen hin. Tiefe Rinnen
in den Felsen hatten die Stampf- und Pressstelle der
Weintrauben mit dem Sammelbecken verbunden.
Es war heiss und das Laufen und Klettern auf dem
bröckligen Gemäuer mühsam. Wir wollten zu den
Ruinen des Kasrs zurück, doch die bunten Mosaik-
steine, die Glas- und Tonscherben, die überall ver-
streut lagen, hielten uns auf. Wir fanden viele schöne
Steine, kleine und grosse. Die schönsten waren die
Mosaiksteine, die mit Kalkerde anein andergeklebt
waren. Wuchtige Säulen und Portale lagen zwischen
den Acanthus-Disteln auf dem Boden. Eine einst blü-
hende Kultur wurde sichtbar und sprach uns an.
Ein Bauer hatte auf den fruchtbaren Boden in den
Tmmern der römischen Ruine Weizen gesät. Die
Ähren, und dazwischen prachtvolle rosa- und lilafar-
bene Lilien, wuchsen üppig; Hâla, die mittendurch
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ging, verschwand fast darin. Im sanften Wind schie-
nen sich Hâla, die Ähren und die Lilien wie Wellen
im Pflanzenmeer zu bewegen. Dann kletterten wir
auf die Ruine des Kasrs. Von oben konnten wir weit
in die Ferne schauen und die Bewegungen auf der
Nablusstrasse, die sich durchs Tal schlängelt, beob-
achten. Wir sassen wortlos chelnd da und genossen
die Stille. Aus den Ruinen früherer Zeiten könnten
auch heute und morgen blühende Kulturen entste-
hen. Wir müssten es wollen, und es müsste uns nur
erlaubt sein.
Wir pflückten Thymian, wilden Pfefferminz, Sal-
bei und Wildgemüse, die wir zu Hause als Salat, ge-
kocht oder in Teigtaschen gebacken geniessen werden.
Wie schön ist das Ausruhen nach einer erschöpfenden
Wanderung.
Während dreier Jahre waren wir im Frühling jeweils
von einem Kasr zum chsten gewandert. Munîr do-
kumentiert sie, er hat bereits mehr als hundertzwan-
zig dieser Rundbauten in Birseit registriert und viele
schöne Geschichten dazu gesammelt. Sie sind etwa
dreihundert Jahre alt. Es sind wunderbare Bauwerke,
bei denen ein Stein den anderen stützt. Sie dienten der
Wache in Wein- und Feigenpflanzungen. Sie bestan-
den aus einem runden Raum mit vier Meter Radius,
bis zu vier Meter hohen dicken Mauern und einer
runden Türöffnung, die nachts mit einer Steinplatte
oder stachligem Gestrüpp versperrt wurde. Sie wa-
ren ein- oder zweistöckig. Den Abschluss bildete eine
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gedeckte Dachterrasse. Sie diente zum Wachehalten,
Ausruhen und Schlafen.
Vielen dieser schönen Rundbauten droht der Zer-
fall, weil sie vernachlässigt wurden. In der Landschaft
verbirgt sich der Schatz unserer Kultur, dort sind
unsere Wurzeln. Inspiriert von den Wanderungen
in den geln, beschlossen wir vor einem Jahr, den
verfallenen Kasr Reginas wieder aufzubauen. Wir be-
gannen damit, als Munîr in den USA weilte. Kaum
waren die ersten paar Reihen der Steinmauer aufge-
schichtet, wurden viele Menschen in Birseit auf die
Wiedergeburt einer alten Idee oben auf dem Hügel
aufmerksam. Neugierig kamen sie herbei und wollten
Genaueres wissen. Die Freude war gross, als sie fest-
stellten, dass hier die Kultur und damit das Bebauen
des Bodens neuen Schwung erlebten. Viele wollten
bei der Entstehung dabeisein. Sie schleppten verstreut
herumliegende Steine herbei, ordneten sie der Grösse
nach und beteiligten sich am Wiederaufbau. Autos,
die auf der gegenüberliegenden Hangseite vorbei-
fuhren, drückten mit einem Hupkonzert ihre Freude
über die aussergewöhnliche Aktivität aus.
Die aufeinandergeschichteten grossen Steine
brauchten kleine und noch kleinere Steine, die sie
stützten. Diese Aufgabe übernahmen wir Frauen und
Mädchen, und wir dachten dabei an das Sprichwort:
Jeder Stein, wie gross er auch sein mag, braucht einen
kleineren als Stütze. Freudenschreie erklangen, wenn
wieder eine von uns es schaffte, den passenden Stein
an den richtigen Platz zu legen.

Sumaya Farhat-Naser
Disteln im Weinberg

Tagebuch aus Palästina

Herausgegeben von Martin Heule, Regula Renschler und Chudi Bürgi
Mit einem Nachwort von Ernest Goldberger


Softcover
ISBN 978-3-85787-430-7
Seiten 343
Erschienen Juli 2012
€ 14.50 / Fr. 18.00

Die Palästinenser leben in einem besetzten Land, ihr Alltag ist von geschriebenen und ungeschriebenen Regeln geprägt, von der Willkür der Besatzungsmacht Israel, von der Schwierigkeit und der Mühsal, in einem von Mauern mehr und mehr begrenzten Gebiet zu überleben.

Wie sieht der Alltag der Palästinenserinnen und Palästinenser aus? Sumaya Farhat-Naser lebt mit ihrem Mann Munîr in Birseit, mitten in der kargen Schönheit der palästinensischen Landschaft, seit vielen Jahren setzt sie sich für eine friedliche Lösung des Konflikts im Nahen Osten ein.

Sie schildert ihren Alltag in einem Tagebuch, das von Juni 2006 bis März 2007 geschrieben wurde. Wir lernen ihre Familie, ihre Verwandten und deren Schicksale kennen, und wir begleiten die Autorin bei ihrer Friedensarbeit in Schulen und in Frauengruppen, bei den Auseinandersetzungen mit Israelis an den Checkpoints, bei Vorträgen im Ausland, aber auch beim Wiederaufbau ihres Weinbergs, bei Festen mit Angehörigen und Freunden.

Pressestimmen

Bei den Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern standen Männer wie Jitzhak Rabin und Jassir Arafat im Vordergrund. Friedensarbeit auf zwischenmenschlicher Ebene jedoch wurde beiderseits von Frauen wie Sumaya Farhat-Naser getragen.
— Neue Zürcher Zeitung
Was die autobiographischen Aufzeichnungen und den Lebensweg der Autorin so interessant macht, ist die Verwobenheit von Unterdrückung, Fremdbestimmung, Entfremdung, Emanzipation und Streben nach politischer Befreiung, die so charakteristisch für ihr Leben ist.
— Frankfurter Allgemeine Zeitung
Sumaya Farhat-Naser leitartikelt nicht – sie erzählt direkt, ergreifend, anrührend, mit jener ›Einfachheit‹, die nur denen zu Gebote steht, die ihre Expertenschaft nicht mehr beweisen müssen.
— Badische Zeitung
Am Beispiel des eigenen Alltags, der Familie und ihrer verschiedenen Tätigkeiten zeigt Sumaya Farhat-Naser konkret auf, wie schwierig die Verhältnisse in den besetzten Gebieten sind. Damit macht sie genau das zugänglich, wofür unsere Nachrichtensendungen keine Zeit haben, wenn sie allabendlich die neuen Toten in Afghanistan, im Irak, in Palästina oder Israel aufzählen. (…) Farhat-Nasers Sprechen ist die Kehrseite des ständigen Tötens, und es ist auch die Kehrseite des staatsmännischen Diskurses. Aus diesem (Nicht-)Status heraus bezieht es seinen Reiz, nicht zuletzt wegen eines sonderbaren Zaubers: Die Autorin strahlt eine Zuversicht aus, von der man bei all den geschilderten Elendsverhältnissen beim besten Willen nicht weiss, worin sie gründet. Die Stärke von Sumaya Farhat-Naser liegt darin, dass sie trotz allem keinen feindlichen Ton gegenüber den Israeli anschlägt.
— Corina Caduff, NZZ am Sonntag